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Das Bild zeigt ein kleines Wachhäuschen mit Wellblechdach vor einem Wachturm neben einer Straße. Diese führt durch ein geöffnetes Tor. Die Umgebung ist mit Nadelbäumen bewaldet. Vor dem Wachhäuschen stehen zwei Mülltonnen.

Der Dienstkomplex Freienbrink

Am südöstlichen Stadtrand von Berlin befand sich seit den späten 1960er Jahren der Dienstkomplex Freienbrink des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Das als Sperrbezirk abgegrenzte riesige Areal wuchs über 20 Jahre lang zu einem multifunktionalen Logistikzentrum sowie zu Ausbildungs- und Freizeitstätte für die Bedürfnisse der Staatssicherheit in der "Hauptstadt der DDR".

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Ein sich fortwährend vergrößerndes Versorgungsunternehmen

1967 begann das MfS vor den Toren Berlins, im brandenburgischen Freienbrink, in einem riesigen Sperrgebiet in seinem Besitz logistische Aufgaben umzusetzen. Dieser "Dienstkomplex" südöstlich des Autobahnrings, von der Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) geplant als logistisches Rückgrat für die MfS-Zentrale in Ost-Berlin, erfüllte diese Funktion in vielerlei Hinsicht. Denn das MfS fungierte nicht nur als Geheimpolizei, Inlandsgeheimdienst und Auslandsnachrichtendienst, sondern es war ebenso ein militärischer Verband und ein sich fortwährend vergrößerndes Versorgungsunternehmen für den Unterhalt des MfS-Dienstbetriebs, das aber auch offen für zusätzliche Aufgaben wirtschaftlicher Natur war.

Lagerhallen, Bahnanschluss und Autobahnabfahrt

Bereits 1968 setzten nördlich von Freienbrink die Erschließungs- und Bauarbeiten ein. Zwei erste Großraumhallen mit Regalsystemen, die ein effizientes Lager-Management ermöglichen, machten den Anfang. Dutzende Lagerhallen für Militärgerät, Energieversorgung und Asservatenlagerung folgten. Auch Wohnblöcke zur Unterbringung der Mitarbeiter sowie später eine Bungalowsiedlungwurden errichtet. 1974 erhielt der Komplex ein eigenen Anschluss an die Bahnstrecke Berlin-Frankfurt/Oder für die nun umfangreicheren Logistik-Herausforderungen. 1981 bekam der Dienstkomplex eine eigene Autobahnabfahrt, "aus Gründen der Sicherheit und des Geheimschutzes." In den achtziger Jahren erweiterte das MfS die Vorratslagerung und installierte neben zwei zentralen Kohlenlagerplätzen auch ein Reserve-Tanklager für Kraftstoffe

Asservatenkammer und Post-Diebstahl

Die Verwaltung Rückwärtige Dienste, verantwortlich für den Dienstkomplex, kümmerte sich auch um die Lagerung der in anderen Diensteinheiten - zum Beispiel in der Untersuchungsabteilung (Hauptabteilung IX) - anfallenden Asservate. Größere Asservate, wie beschlagnahmte Autos, Mopeds, Motorräder, Wohnwagen, LKWs und Motorboote kamen in der Regel nach Freienbrink. Im sogenannten BM 2 A - zwischen den heute noch stehenden zwei Regal-Lagerhallen und der zukünftigen Tesla-Ansiedlung - existierten zwei Freilufthallen, in denen die eingezogenen Fahrzeuge standen.

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Zu den besonderen Kapiteln, die sich mit dem Dienstkomplex Freienbrink verbinden, zählt die systematische und großangelegte Ausplünderung von West-Paketen, die als sogenannte Irrläufer in die DDR fehlgeleitet wurden. Zuständig dafür zeichnete die Abteilung M (Postkontrolle), die in ihren vielen konspirativen Objekten Brief- und Postsendungen abfing und heimlich öffnete. Offiziell nutzte die Abteilung M nur zwei zentrale Dienstobjekte: Das Haus 47 in der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg und das "Außenobjekt Freienbrink". Der Bereich war allerdings auch im Dienstkomplex nochmal gesondert abgesichert, sodass bis heute nur wenige Dokumente über die Arbeit und keine zuordbaren Fotos existieren.

Plan des Geländes

Das Bild zeigt einen Übersichtsplan des Dienstkomplexes Freienbrink.

"BM" (Freienbrink) im Jahr 1989

Ende 1989 bestand das weitläufige Areal aus sechs separaten Sektoren. Jeder Bereich war gesondert gesichert, umzäunt und hatte einen eigenen Zugangsbereich. Insgesamt gab es ca. 35 Lagerhallen, unterirdische Tanks, umfangreiche Werkstätten und zehn getarnte geräumige oberirdische "Fertigteilbunker" für militärisches Equipment. Benannt waren die Sonderbereiche nach der Abkürzung für die gesamte Anlage "BM" in numerischer Reihenfolge von 1 bis 6. Um die 500 Mitarbeiter waren derweil dort beschäftigt, sie lebten im Ort oder auf dem Gelände und wurden u.a. durch eine eigene Poliklinik medizinisch versorgt. Heute ist das Gelände in Privatbesitz einer kommerziellen Infrastruktur- und Projektentwicklungsgesellschaft mit einer Mischung aus neuentstandenen Logistikbauten und alten MfS-Lagerhallen. Nördlich, angrenzend an das Areal entsteht seit 2020 eine neue Fabrik für die Produktion von Autos des US-Herstellers Tesla.