Direkt zum Seiteninhalt springen
Roland Kaiser steht im Oktober 1987 in Ost-Berlin. Im Hintergrund die Museumsinsel und der Fernsehturm.

Roland Kaiser: Drohung mit Konzertabsage

Der Musiker Franz Bartzsch war 1980 nach einem Auftritt in West-Berlin nicht in die DDR zurückgekehrt. Obwohl er deshalb mit einem Einreiseverbot für die DDR belegt war, konnte er 1987 als künstlerischer Leiter an drei Roland-Kaiser-Konzerten in Ost-Berlin teilnehmen.

Zum Inhalt springen

750 Jahre Berlin - gefeiert wurde getrennt

Berlin feierte 1987 sein 750jähriges Bestehen, allerdings getrennt in Ost- und West-Berlin. Konzerte, Veranstaltungen, Festumzüge und Ausstellungen waren die Highlights auf beiden Seiten der Mauer. Ost und West versuchten sich dabei zu übertrumpfen.

Ein Höhepunkt der Konzerte in Ost-Berlin war die Veranstaltung im Friedrichstadtpalast, mit Künstlern aus Ost und West. Eingeladen war auch Roland Kaiser, der Ende der 80er Jahre zu den populärsten Schlagersängern gehörte.

Keyboarder und musikalischer Leiter seiner Band war Franz Bartzsch, der 1974 zusammen mit Veronika Fischer selbst eine Musikband gegründet hatte. Er war Musiker, Sänger und Komponist und arbeitete in der DDR mit verschiedenen Musikern zusammen. Nach einem Auftritt in West-Berlin im Jahr 1980 kehrte er nicht mehr in die DDR zurück. Die SED-Führung reagierte mit einem Einreiseverbot in die DDR.

Konzert im DDR-Fernsehen

In West-Berlin arbeitete Bartzsch als Studio- und Live-Musiker unter anderem für Udo Jürgens und Roland Kaiser. Roland Kaiser wollte ihn bei seinem Konzert, das auch für das Fernsehen der DDR aufgezeichnet wurde, unbedingt dabeihaben.

Deshalb bat Kaiser in einem persönlichen Brief SED-Chef Erich Honecker, Franz Bartzsch für die Konzerte im Friedrichstadtpalast einreisen zu lassen. Er begründete dies u.a. mit Qualiätseinbußen seines Konzertes, wenn der künstlerische Leiter nicht dabei wäre. Er drohte mit der Absage des Konzertes im Friedrichstadtpalast, wenn Bartzsch nicht einreisen dürfe.

Dokument in der Stasi-Mediathek ansehen

Der in den Stasi-Unterlagen überlieferte Brief wurde von Honecker mit dem Vermerk "Einverstanden" versehen. Daraus lässt sich schließen, dass er den SED-Generalsekretär persönlich erreichte.

Der Leiter der Stasi-Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund), Paul Kienberg, informierte einige Tage später die zuständige Stasi-Bezirksverwaltung Berlin über die zeitweilige Aussetzung der Einreisesperre. Sowohl Erich Honecker als auch die Stasi nahmen den Brief und die Bitte von Roland Kaiser ernst. Auch Erich Mielke genehmigte persönlich die Aussetzung der Einreisesperre.

Dokument in der Stasi-Mediathek ansehen

Angst vor zu viel negativer Aufmerksamkeit

Offensichtlich befürchteten SED und Stasi, dass eine Nichteinreise des Musikers in Ost und West für unnötiges Aufsehen sorgen würde. Die SED „ist überzeugt, daß B.[Bartzsch] bei unseren Unterhaltungskünstlern keine Resonanz finden und ein Einspruch ihn nur aufwerten würde.“ So heißt es in einem Schreiben von Kurt Hager, Mitglied des SED-Politbüros und Leiter der ZK-Abteilung für Kultur. Das ganze Dokument finden Sie in der Stasi-Mediathek

Zwar durfte Franz Bartzsch für diese Konzerte einige Tage einreisen, musste aber unter dem Pseudonym „Daniel Matthi“ auftreten. Unklar ist, wie und wann er an das Pseudonym „Daniel Matthi“ kam. Belegt ist aber, dass er bereits seit Anfang der 80er unter dem Namen Daniel Matthi und Francis Daniel Matthi Lieder komponierte.

In der Konzertaufzeichnung, die vom DDR-Fernsehen ausgestrahlt wurde, ist der Musiker Franz Bartzsch meist nur im Hintergrund zu sehen. Einen Mitschnitt des Fernsehauftrittes lässt sich bei Youtube finden.

Dreharbeiten im Stasi-Unterlagen-Archiv

Im Januar 2022 besuchte Roland Kaiser zusammen mit einem Film-Team das Stasi-Unterlagen-Archiv. Er drehte im Lesesaal seine Einsicht in die Akten nach. Anlässlich einer Dokumentation zu seinem runden Geburtstag entstanden diese Aufnahmen. Er fand in den Akten nicht nur seinen eigenen Brief an Erich Honecker wieder, sondern auch Berichte der Stasi über seinen Auftritt im Friedrichstadtpalast und dem anschließenden Empfang.

Filmaufnahmen im Stasi-Unterlagen-Archiv. Ein Filmteam dreht Szene für eine Dokumentation mit Roland Kaiser.