40 Jahre DDR
Der offene Ausbruch der politischen Krise Anfang Oktober 1989 hatte zwei miteinander verknüpfte Auslöser: Erstens hatte die Fluchtwelle über Ungarn und die Tschechoslowakei dramatische Ausmaße angenommen. Zweitens jährte sich in diesen Tagen die Staatsgründung der DDR zum 40. Mal. Letzteres war ein Ereignis, das die Machthaber unbedingt in großem Maßstab feiern wollten. Unter den Bürgerinnen und Bürgern dagegen war das Gefühl weit verbreitet, in der aktuellen Situation gebe es nichts zu feiern, eher sei Protest angesagt.
Dennoch einen ungestörten Ablauf der Feierlichkeiten zu gewährleisten, war Aufgabe der Sicherheitskräfte. Was im einzelnen dafür zu unternehmen war, wurde festgelegt in einem von Erich Mielke vorgelegten und von Erich Honecker bestätigten "Maßnahmeplan".
Der Staatssicherheit war die Stimmung im Lande nicht verborgen geblieben. Das höchste Beratungsgremium im MfS, das Kollegium, befasste sich deshalb am 3. Oktober mit der aktuellen Lage. Das Kollegium bestand aus Minister Mielke und 13 weiteren Generälen: den vier stellvertretenden Ministern für Staatssicherheit, den Leitern einiger wichtiger Hauptabteilungen und dem Chef der Bezirksverwaltung Berlin.
Bei den "Hinweisen" im folgenden Dokument handelt es sich offenbar um ein Manuskript für eine Rede Mielkes vor diesem Gremium, dessen Sitzung unmittelbar vor Beginn der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag stattfand. Konstatiert wurde eine "Verschärfung der latenten und weiter wachsenden Unzufriedenheit, Verunsicherung in der Bevölkerung". Die Aufgabe der Sicherheitsorgane bestand darin, zu verhindern, dass diese Gefühle offen zum Ausdruck kamen. Protestaktionen, die die Feierlichkeiten stören könnten, seien schon "bei geringsten Hinweisen" zu unterbinden.
![Maßnahmeplan Bestätigt: [Unterschrift: E. Honecker] Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR am [handschriftliche Ergänzung: 27.9.] 1989 Plan der Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit während des 40. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 6. bis 8. Oktober 1989 Minister für Staatssicherheit [Unterschrift: Mielke] Armeegeneral](/assets/bstu/de/_processed_/6/5/csm_MfS_ZAIG_Nr-7314_Bl-002_8aebb361ce.jpg)
Stasi-Mediathek
Maßnahmeplan zur Gewährleistung der Sicherheit zum 40. Jahrestag der DDR
Während die SED den "Republikgeburtstag" feierte, war auf den Straßen die Friedliche Revolution in vollem Gange. Die Stasi versuchte den 40. Jahrestag der DDR-Gründung abzusichern und plante Massenverhaftungen.
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![Hinweise zur Aktion "Jubiläum 40" Hinweise zur Aktion "Jubiläum 40" Außerordentliche Kompliziertheit der politisch-operativen Lage, unter der die Aktion "Jubiläum 40" durchgeführt werden muß, ist bekannt. Plan der Maßnahmen, Befehle und Einsatzpläne sind darauf ausgerichtet - ausgehend von jüngsten Entwicklungen und Entscheidungen, der damit verbundenen Lageentwicklung, ständige Prüfung und evtl. Präzisierung erforderlich. Besondere Beachtung und ständige Einschätzung erfordern die Wirkungen der massiven Hetz- und Verleumdungskampagne des Gegners auf die Haltung/Verhalten der Menschen im Innern und daraus resultierende Gefahren der Durchführung von Gewalthandlungen u.a. Provokationen; Entwicklung der innenpolitischen Situation, besonders durch Aktivitäten der feindlichen, oppositionellen Kräfte durch die zunehmende weitere Verschärfung der latenten und weiter wachsenden Unzufriedenheit, Verunsicherung in der Bevölkerung. (In diesem Zusammenhang in Partei verbreitet Forderung, von Führung informiert zu werden.)](/assets/stasi-mediathek/e/8/csm_MfS_ZAIG_8680_015_9a6123614e.png)
Stasi-Mediathek
Hinweise für die Kollegiumssitzung zur Aktion "Jubiläum 40"
Rund um den bevorstehenden 40. Geburtstag der DDR stand es schlecht um die Stimmung in der Bevölkerung. Stasi-Minister Mielke schwor seine engsten Vertrauten deshalb auf einer Sitzung ein, dass die Feierlichkeiten dadurch auf keinen Fall gestört werden dürften.
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