Erstürmung der SED-Bezirksleitung
In Halle sorgten seit dem frühen Morgen des 17. Juni 1953 die Nachrichten von RIAS (Rundfunkanstalt im amerikanischen Sektor) und NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) über die Vorgänge in Ost-Berlin für Aufsehen. Die Arbeiter des Lokomotiv- und Waggonbaus (LOWA) Ammendorf, einem Vorort am südlichen Stadtrand, waren die ersten, die ihre Arbeit unterbrachen. Gegen 09:30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug mit über 2.000 Teilnehmenden in Bewegung. Dieser Marsch war der Auslöser des Volksaufstandes in Halle. Entlang der Strecke auf der Stalinallee (heute Merseburger Straße) befanden sich die meisten Fabriken. Vortrupps der Waggonbauer bemühten sich, die Arbeiterinnen und Arbeiter der angrenzenden Betriebe zum Mitmachen zu ermuntern. Manchmal drangen sie auch in die anderen Betriebe ein und appellierten an die Solidarität der Beschäftigten. Auf diese Weise gelang es, alle Einrichtungen an der Stalinallee zum Streik und zur Demonstration zu ermuntern.
Die Demonstranten erreichten gegen 11:45 Uhr den Thälmannplatz (heute Riebeckplatz). Mittlerweile war die Menge auf über 8.000 Menschen angewachsen. Gegen 12:00 Uhr war das Gerichtsgebäude am Hansering erreicht. 20 bis 30 Demonstranten stürmten in das Gebäude und befreiten einen Angeklagten. Er war der Einzige, gegen den an diesem Tag verhandelt wurde. Da zu diesem Zeitpunkt eine einheitliche Führung der Demonstration fehlte, begann der Demonstrationszug allmählich auseinanderzufallen. Es bildeten sich drei Marschblöcke und etliche kleinere Gruppen, die von nun an auf verschiedenen Wegen durch die Stadt zogen.
Vor der SED-Bezirksleitung am Marx-Engels-Platz (heute Steintor) hatten sich gegen 12:30 Uhr etwa 1.000 Menschen versammelt. Mehr als 300 Demonstranten stürmten das "Haus der Einheit". Die zum Schutz abkommandierten Volkspolizisten wurden entwaffnet und verjagt. Die SED-Funktionäre schlossen sich ängstlich in ihren Zimmern ein. Auch ein später gestarteter Befreiungsversuch eines Trupps der Volkspolizei scheiterte.