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Müssen weiter aufklären

Mehrere ehemalige Bürgerrechtler haben sich jetzt dafür ausgesprochen, die Stasi-Unterlagenbehörde nach 2019 zu schließen. Einverstanden?

Jahn: Eine Diskussion über die zukünftige Aufarbeitung der SED-Diktatur begrüße ich. Entscheidend ist, dass der Zugang zu den Akten offen bleibt und dass die Aufklärung über die Diktatur, auch über das Wirken von Geheimpolizei und Staatssicherheit, weitergeht. Es darf keinen Schlussstrich geben.

Aber kann man nach nunmehr 30 Jahren unter die Behörde einen Schlussstrich ziehen?

Jahn: Behörden sind Dienstleister für die Gesellschaft, sie sind für die Menschen da. Wir dürfen die Opfer nicht vor den Kopf stoßen.

2019 läuft die Frist aus, bis zu der eine Überprüfung bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst stattfindet. Soll man sie verlängern?

Jahn: Wir haben bisher rund 1,7 Millionen Anträge auf eine solche Überprüfung gehabt. Zuletzt waren es jährlich nur noch rund 300. Der öffentliche Dienst sollte weiterhin die Möglichkeit haben, nachzufragen, wenn er hinreichende Hinweise auf eine frühere Stasi- Tätigkeit eines Mitarbeiters hat, der neu eingestellt oder befördert werden soll. Das System hat sich bewährt.

In fünf Jahren ist der Personenkreis, der noch mit der Stasi aktiv zu tun haben konnte, 50 Jahre alt und älter.

Jahn: Mit 50 macht noch mancher eine Karriere und steigt ordentlich auf. Dass die Arbeitgeber die Möglichkeit haben, nachzuforschen, ob jemand über 30 Jahre lang gelogen hat, schadet niemandem. Diese Möglichkeit sollte deshalb beibehalten werden, es sollte aber keine Pflicht sein.

Die Koalition will eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge zur Zukunft Ihrer Behörde machen soll. Was werden Sie der sagen?

Jahn: Ich werde auf das hinweisen, was unsere Behörde bisher geleistet hat und was meines Erachtens die Notwendigkeiten für den künftigen Umgang mit den Akten sind. Die Expertenkommission macht Vorschläge. Entscheiden muss die Politik.

2016 könnten Sie für eine zweite Amtszeit antreten. Verspüren Sie dazu Lust, falls Sie dann nur noch der Abwickler der Behörde sein sollen?

Jahn: Über meine persönliche Zukunft nach 2016 habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.

Das Interview führte Werner Kolhoff