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"Bündelung von Kompetenz, Technik und Ressourcen – Die Stasi-Unterlagen fit  für die Zukunft machen"

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Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich begrüße Sie zur Vorstellung des 14. Tätigkeitsberichtes des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, den ich vor gut einer Stunde dem Präsidenten des Deutschen Bundestags, Herrn Dr. Wolfgang Schäuble, übergeben habe.

In diesem Jahr habe ich zusätzlich das vom Bundestag im Juni 2016 in Auftrag gegebene "Konzept zur Zukunft der Stasi-Unterlagen" übergeben. Das Konzept haben wir gemeinsam mit dem Bundesarchiv erarbeitet, daher begleitet mich in diesem Jahr auch Herr Dr. Michael Hollmann, der Präsident des Bundesarchivs.

Dieses Jahr, das Jahr 2019 ist für uns ein besonderes. Es ist 30 Jahre her, dass mutige Bürgerinnen und Bürger in der Friedlichen Revolution die Stasi-Unterlagen gesichert haben und den Zugang erkämpft haben. Die Öffnung der Stasi-Unterlagen gehört zu den zentralen Errungenschaften der Friedlichen Revolution.

In den drei Jahrzehnten seither wurde die Arbeit der Behörde des Bundesbeauftragten zu einer wichtigen Säule der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die damit verbundene rechtsstaatliche Nutzung der Stasi-Unterlagen wurde zu einem weltweiten Vorbild.

30 Jahre sind ein guter Zeitraum, um die Weichen für die Zukunft der Stasi-Unterlagen zu stellen.

Diese Zukunft gestalten, das machen wir auf Basis dessen, was wir bisher erreicht haben. In den letzten zwei Jahren, die der heute übergebene Tätigkeitbericht umfasst, haben wir schon begonnen, die Weichen zu stellen für die Zukunft der Stasi-Unterlagen, damit diese dauerhaft genutzt werden können und somit ein Symbol der Friedlichen Revolution weiterhin sichtbar wirken kann.
"Einblick ins Geheime"-  unsere letztes Jahre eröffnete Ausstellung zum Stasi-Unterlagen-Archiv am historischen Ort der Stasi-Zentrale in Berlin steht exemplarisch für das, was wir tun.

Wir machen die Stasi-Akten als ein "Monument der Überwachung" am historischen Ort sichtbar. Wir bewahren die Hinterlassenschaften einer Geheimpolizei und stellen sie der Gesellschaft zur Verfügung. Wir ermöglichen damit die Aufklärung über die Herrschaftsmechanismen einer Diktatur.

Mit der Weichenstellung für die Zukunft ist das Stichwort Digitalisierung untrennbar verbunden. Wir haben mit der Stasi-Mediathek ein stetig wachsendes digitales Schaufenster ins Archiv geschaffen. In den letzten zwei Jahren haben wir zusätzlich unsere Homepage neu aufgesetzt. Sie ist der Einstieg ins Archiv, mit einer umfassenden Suche zu den Ressourcen des Archivs. Darauf können wir nun aufbauen.

Unsere Aufgabe ist es, die Stasi-Akten bereit zu stellen, damit gesellschaftlicher Austausch über diese gesamtdeutsche Geschichte stattfinden kann.
Mein Motto schon seit Jahren ist:
Diktatur begreifen – Demokratie gestalten.
In diesen Zeiten scheint es wichtiger denn je, den Diskurs über die Geschichte zu führen, um unsere Sinne für die Herausforderungen der heutigen Zeit zu schärfen, und dabei das Bewusstsein für Freiheit und Menschenrechte zu stärken.

Bei allem Denken an die Zukunft: Diese Akten waren und sind vor allem auch dazu da, denen, die unter Repression gelitten haben, zu helfen, ihr Schicksal aufzuklären.

Den Opfern der SED-Diktatur gerecht werden, das bleibt für uns Verpflichtung.

Dazu gehört auch das Recht auf die persönliche Akteneinsicht. Die Anzahl der Anträge nimmt logischerweise ab, aber die Notwendigkeit, auch im Sinne der Opfer und ihrer Nachfahren, die Geschichte weiter zu erzählen, sie wird nicht verschwinden.

Die Anträge zu Forschung, Bildung und Medien bleiben seit Jahren konstant. Journalisten und Wissenschaftler, Dokumentar- und Spielfilmproduktionen, Gedenkstätten und Bildungseinrichtungen, oder auch Privat- und Regionalforscher begeben sich auf Spurensuche im Stasi-Unterlagen-Archiv.

Und damit dieser besondere, detaillierte und umfangreiche Einblick in das Funktionieren einer Diktatur auch für nächste Generationen immer wieder möglich ist und damit der Zugang zu den Akten der Stasi auch weiterhin so wie bislang und ohne ein Ende offen ist, gilt es, das Archiv fit zu machen für diese Zukunft.

Mit dem Bundesarchiv haben wir dafür einen starken Partner, damit wir uns den Herausforderungen einer digitalen Welt stellen können. Im letzten Jahr haben wir, gemeinsam mit dem Bundesarchiv, im Auftrag des Bundestags ein Konzept für die Zukunft der Stasi-Unterlagen erarbeitet. Es beschreibt die Leitlinien für den Zukunftsprozess.

Im Kern geht es darum, das Stasi-Unterlagen-Archiv fit zu machen für die Zukunft, indem wir unsere Kompetenzen, Technik und Ressourcen unter dem Dach des Bundesarchivs bündeln.

Um es gleich vorweg zu sagen: Das Recht auf den Zugang zu den Akten bleibt unverändert. Die Nutzung wird weiterhin auf Basis des Stasi-Unterlagen-Gesetzes erfolgen.

Aber durch die Bündelung von Kompetenzen, Technik und Ressourcen wollen wir die langfristige Sicherung der Unterlagen gewährleisten und die Nutzungsmöglichkeiten durch eine breit angelegte Digitalisierung erweitern. Auch die Rekonstruktion von Stasi-Unterlagen wird hier einen Platz einnehmen.

Die notwendigen Investitionen in archivgerechte Lagerung, Bauten und Digitalisierung können so in gemeinsamer Anstrengung angegangen werden.

Am Standort des Stasi-Unterlagen-Archivs am historischen Ort der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg wird dazu ein Kompetenzzentrum zum Erhalt der Unterlagen mit Werkstätten zur Restaurierung und Digitalisierung aufgebaut.

Dieses Zentrum soll Teil eines Archivzentrums zur SED-Diktatur werden, in dem in Zukunft auch die Unterlagen der Bestände der zentralen DDR-Behörden und der Parteien und Massenorganisationen in der DDR des Bundesarchivs untergebracht werden.

Die Sichtbarkeit der Eigenständigkeit des Stasi-Unterlagen-Archivs, also der Erhalt eines Symbols der Friedlichen Revolution von vor 30 Jahren, war dem Bundestag in seinem Beschluss 2016 zur Erstellung des Konzeptes besonders wichtig. Das Stasi-Unterlagen-Archiv wird unter dem Dach des Bundesarchivs ein eigenständiger Bereich sein mit einer herausgehobenen Leitung, in dem die speziellen Aufgaben im Umgang mit den Stasi-Unterlagen weitergeführt werden.

Für die Zukunft richten wir auch unsere Forschung neu aus. Das Interesse an der Geschichte hat eine neue Forschergeneration erreicht. Um die Recherche-Möglichkeiten für Forschung, Bildung und Medien zu verbessern und den steigenden Ansprüchen einer sich verändernden Wissenschaftslandschaft gerecht zu werden, wird die Forschung beim Stasi-Unterlagen-Archiv in Richtung einer gezielten quellenkundlichen Forschung weiterentwickelt.

Investitionen in archivgerechte Bauten müssen vor allem auch an den Standorten der Außenstellen in den ostdeutschen Ländern getätigt werden. Dafür schlägt das Konzept eine Bündelung der Akten an einem Archivstandort pro Bundesland vor. An den Standorten der Außenstellen, an denen kein Archivbau errichtet wird, werden weiterhin die Dienstleistungen Antragsstellung und Akteneinsicht, Beratung und Information angeboten werden.

Den Opfern gerecht werden, und gleichzeitig eine Brücke zur nächsten Generation schlagen.

Das ist und bleibt die Mission des Stasi-Unterlagen-Archivs. "Das Konzept des Bundesbeauftragten und des Bundesarchivs für die dauerhafte Sicherung der Stasi-Unterlagen durch Überführung des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv" schafft dafür die Basis.

Ich möchte an dieser Stelle gern Herrn Hollmann, dem Präsidenten des Bundesarchivs, die Gelegenheit geben, die Eckpunkte des Konzeptes aus seiner Sicht darzustellen.