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Schwarz-Weiß-Aufnahme des umzäunten Objekts. Einzelne Bestandteile (z.B. Lehrgebäude, Wohnblock etc.) sind gekennzeichnet. Unter der Aufnahme steht handschriftlich: "Sicht in das Objekt in Richtung Wohnkomplex ca. 30 Meter links neben der Hauptwache der OHS, auf der Straße zum Wohnkomplex OHS".

Kaderschmiede im "Grenzbezirk"

Grenzer mussten in der DDR vor allem zuverlässig sein. Deshalb wurden sie besonders intensiv von der Stasi kontrolliert - und ausgebildet. Am 5. September 1984 wurde die Kaderschmiede der DDR-Grenztruppen auf dem Suhler Friedberg eingeweiht.

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Der ehemalige Bezirk Suhl war vor allem durch seine exponierte Lage entlang der innerdeutschen Grenze geprägt. In den 80er Jahren waren die hier stationierten drei Regimenter der DDR-Grenztruppen für circa 400 Grenzkilometer verantwortlich. Fünf der acht Landkreise des "Grenzbezirkes" lagen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hessen und Bayern.

Die Offiziershochschule (OHS) der DDR-Grenztruppen in Suhl führte den "Ehrennamen" der streitbaren, aber auch umstrittenen Kommunistin Rosa Luxemburg. Ihre Entstehung ging auf einen Befehl des Nationalen Verteidigungsrates der DDR zurück. Am Standort Suhl sollten ab 1984 Kommandeure und Politoffiziere von Einheiten der DDR-Grenztruppen in einem vierjährigen Lehrgang "akademisch" ausgebildet werden. Ferner wurde die Fähnrichschule, zuständig für die Ausbildung von Grenzaufklärern der DDR-Grenztruppen aus Nordhausen (damaliger Bezirk Erfurt), zeitgleich in das Objekt der OHS verlegt.

Am 5. September 1984 eröffneten der Minister für Nationale Verteidigung, Heinz Hoffmann, und der Chef der DDR-Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, die Lehr- und Ausbildungsstätte. Im vollbesetzten Hörsaal betonte der Kommandeur der Offiziershochschule noch einmal das Selbstverständnis der DDR-Grenztruppen: "Unser Handeln wird vom Grundsatz bestimmt - je sicherer die Grenzen unseres sozialistischen Vaterlandes, umso sicherer ist der Frieden. Dem Feind keine Chance."

Vor dem Podium sind fünf Soldaten in Uniform zum militärischen Gruß aufgestellt. Vor dem zweiten Soldaten von links steht ein Mikrofon. Auf der Tribüne befinden sich mehrere Männer in ziviler Kleidung und in Uniform sowie eine Frau. Über den Personen auf der Tribüne steht "Meine Tat für den zuverlässigen Schutz der Staatsgrenze der DDR! Vorwärts zum XI. Parteitag der SED!".

Bereits Jahre zuvor existierten im Kommando der DDR-Grenztruppen Überlegungen, den alten Standort der Offiziershochschule in Plauen aufzugeben und ein Neubauobjekt in der Nähe der Bezirksstadt Suhl zu errichten. Die Vorgängerinstitution in Plauen (damaliger Bezirk Karl-Marx-Stadt) wies nämlich in den Augen der militärischen Planer diverse Schwachpunkte auf. So lag diese in nur geringer Entfernung zur innerdeutschen Grenze und die räumlichen Kapazitäten waren vollkommen unzureichend. Die Wahl fiel in der Folge auf einen Standort, der etwa drei Kilometer südlich der Bezirksstadt Suhl lag und eine Ausdehnung auf maximal 16 Quadratkilometer zuließ. Hier entstanden in den folgenden Jahren ein großer Hörsaal, Lehrkabinette, Unterkunftsobjekte, Wohnungen, Werkstätten, Garagen, Mehrzweckgebäude und das als Veranstaltungsort genutzte "Haus der Grenztruppen". Innerhalb des Außenrings befanden sich noch ein Häuserkampfobjekt, Spreng- und Schießplätze, Kampf- und Lehrbahnen sowie eine detailgetreue Nachbildung der innerdeutschen Grenze, die als "Lehrgrenze" diente.

Nutzung "aller tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden"

Eine "Konzeption zur Außensicherung" vom 9. Februar 1984 stammt aus der Feder des MfS. Aus ihr geht hervor, dass die Abteilungen II (Spionageabwehr) und VIII (Observation, Fahndung, Festnahme, Durchsuchung) der Suhler Bezirksverwaltung (BV) sowie die Kreisdienststelle Suhl für die Abwehr äußerer Feinde verantwortlich waren. Dies implizierte vor allem die Abwehr von Aufklärungsfahrten der drei westlichen Militärverbindungsmissionen. Mehrere inoffizielle Quellen stellten nämlich fest, dass bereits mit den einsetzenden Baumaßnahmen Ende der 70er Jahre derartige Aufklärungsfahrten zunahmen. Auch seien vielerlei Kameraobjektive und Ferngläser auf den Suhler Friedberg gerichtet gewesen.

Aufgrund dessen richtete die Abteilung II der Suhler BV an der Zufahrtsstraße zum Haupteingang einen Beobachtungspunkt ein. Er wurde an bestimmten Schwerpunktzeiten mit einer Gruppe hauptamtlicher IM besetzt. Ferner erfasste das MfS sämtliche Einsichtsmöglichkeiten in das Objekt. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der etwa 1,5 Kilometer langen "Lehrgrenze" und ihren verschiedenen "Sicherungsvarianten". Bilanzierend hielt die "Konzeption zur Außensicherung" im Punkt "Hauptaufgaben der politisch-operativen Außensicherung" fest: "Ständige Analyse der politisch-operativen Lage und Situation. Feststellung, Aufklärung und operative Bearbeitung von Personen, die sich am Objekt bzw. Ausbildungsgelände oder in deren unmittelbarem Sperrkreis verdächtig machen. Feststellung, Aufklärung und operative Bearbeitung von Personen, die Kontakte zu den Offizieren, Offiziersschülern, Fähnrichschülern und Angestellten der OHS suchen oder unterhalten. Zielgerichteter Aufbau eines IM-Systems zur Gewährleistung einer umfassenden Außensicherung, Aufklärung und Sicherung der Objekt-Umwelt-Beziehungen."

Die innere Abwehr der OHS in Suhl oblag der Hauptabteilung (HA) I des MfS. Diese Diensteinheit war für die "Abwehrarbeit" in der Nationalen Volksarmee (NVA) und den DDR-Grenztruppen zuständig und firmierte innerhalb der militärischen Hierarchien als "Verwaltung 2000". Im Speziellen übernahm die "Abwehrarbeit" an der Kaderschmiede der Grenztruppen in Suhl gleich eine ganze Unterabteilung (UA OHS), die im Stabsgebäude untergebracht war.

In einer zwischen der BV Suhl und der UA OHS der HA I geschlossenen Vereinbarung war der Aufgabenkatalog geregelt. "Auf der Grundlage der Befehle des Genossen Ministers ist die HA I/KGT [Kommando Grenztruppen] UA OHS für die politisch-operative Innensicherung der Objekte und Einrichtungen sowie für die politisch-operative Abwehrarbeit unter den Angehörigen der OHS [Offiziershochschule]verantwortlich."

Diese "Abwehrarbeit" implizierte vor allem die geheimpolizeiliche Absicherung des Lehrpersonals, der Offiziers- und Fähnrichschüler sowie der Zivilangestellten. Die Offiziere der UA OHS der HA I konnten demnach oben aufgeführte Personenkreise zu Aussprachen oder Vernehmungen einbestellen. Und sie konnten in vielerlei Hinsicht Einfluss auf die Personalauswahl im Objekt der Offiziershochschule nehmen. Darüber hinaus war die UA OHS der HA I für die Kontrolle und Durchdringung des benachbarten Wohngebietes zuständig, in dem überwiegend Angehörige der Offiziershochschule mit ihren Familien lebten.

Kooperation der MfS-Diensteinheiten

Die Abteilungsleiter beziehungsweise die verantwortlichen operativen Mitarbeiter der Suhler Bezirksverwaltung und der UA OHS der HA I trafen regelmäßig zu Beratungen zusammen. Thematisiert wurden unter anderem solche Aspekte, die eine enge Zusammenarbeit in der Region Suhl/Zella-Mehlis/Oberhof bedurften: so zum Beispiel die Überwachung des Freizeitbereiches der Offiziers- und Fähnrichschüler. Das betraf vor allem Gaststätten, Kinos sowie Hotels, oder die Absicherung von feierlichen Gelöbnissen, die oftmals im Suhler Stadtgebiet stattfanden. Gleichwohl ging es auch um regelmäßige Personenanalysen bei Vertrags- und Dienstleistungsbetrieben. Dies war auch der Fall bei der Absicherung großangelegter Verladetätigkeiten von Angehörigen und Technik der Offiziershochschule auf dem Suhler Bahnhof zur Teilnahme an Manövern, Übungen oder Paraden.

Um diesen geheimpolizeilichen Aufgabenkatalog abarbeiten zu können, bedienten sich die involvierten MfS-Diensteinheiten eines dichten Netzwerkes von inoffiziellen Mitarbeitern, die sie aus dem Kreis der Offiziers- und Fähnrichschüler, der Lehrkräfte sowie der Zivilbeschäftigten rekrutierte. Die gesammelten "Erkenntnisse" mündeten in nicht wenigen Fällen in "Operativen Vorgängen" (OV) und "Operativen Personenkotrollen" (OPK).

Ausbildungsstätte für MfS-Kader

Das MfS delegierte alljährlich Dutzende Kader zum Studium an die Offiziershochschule (OHS). Diesbezüglich wurde die Abteilung Kader/Schulung der BV Suhl tätig, die einen Instrukteur für die Betreuung der MfS-Angehörigen abstellte. Aus einer Auskunft der Genossen der BV Suhl geht hervor, dass mit Stand 22. Oktober 1989 93 Geheimpolizisten an der OHS studierten. Nachweislich entsandten die HA I, die Arbeitsgruppe Grenze der HV A, das Wachregiment des MfS, die HA Personenschutz und die Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt ausgesuchte Kader zum Studium nach Suhl. Regelmäßig führte der Suhler Kaderinstrukteur Gespräche mit den MfS-Offiziersschülern durch.

Hierzu vermerkte er, dass aus "operativer Sicht" keinerlei Probleme auftraten, aber sich die angehenden Geheimpolizisten oftmals "in der Ausbildung unterfordert fühlen". Das entnahm der Kaderinstrukteur beispielsweise aus einem Gespräch mit einem angehenden Geheimpolizisten der Arbeitsgruppe Grenze der HV A (verantwortlich u.a. für operative Grenzschleusen). Darin hieß es: "Nach eigenen Angaben entspricht das Ausbildungsprofil an der Offiziershochschule Suhl nicht seinem späteren Einsatz als operativer Mitarbeiter der HV A. Vom Unterzeichner wurde darauf erwidert, dass in der recht umfassenden Ausbildung an der OHS eine solide Grundlage für den späteren Dienst im MfS gegeben ist."

Kranzniederlegung vor der Büste Rosa Luxemburgs anlässlich ihres Todestages. Im Hintergrund ist das Stabsgebäude zu sehen. Es diente als Sitz des Kommandanten und auch die Unterabteilung der Hauptabteilung I des MfS ("Verwaltung 2000") hatte hier ihre Dienstzimmer.

Naturgemäß wurde die Betreuung der MfS-Kader durch die Suhler Genossen in enger Kooperation mit den Offizieren der HA I organisiert. Doch neben Ausbildungsmodulen wie zum Beispiel marxistisch-leninistische Philosophie, Fremdsprachen oder "Fragen der Grenzsicherung" schienen die MfS-Offiziersschüler noch weitere "Pflichtfächer" in ihrem Curriculum gehabt zu haben. So heißt es in einem Schreiben der Suhler Abteilung Kader/Schulung:

"In Absprache mit verantwortlichen Mitarbeitern der HA I, UA OHS wurde bekannt, dass alle Offiziersschüler des MfS, differenziert nach dem Informationsbedarf operativ genutzt werden. Die operative Nutzung reicht dabei von der regelmäßigen Abschöpfung aller Offiziersschüler zum Gesamtinformationsbedarf des MfS, bis hin zum gezielten Einsatz im Prozess "Wer ist wer?" - Aufklärung und vorgangsmäßigen Kadergewinnung aus dem Bestand der anderen Offiziersschüler."

"Internationale" der Grenztruppen

Der langjährige Chef der DDR-Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, begrüßte in regelmäßigen Abständen die "Internationale" der Grenztruppen auf dem Suhler Friedberg. Allzu gern präsentierte er die modernen Gebäude und Lehreinrichtungen, seine schneidigen Grenzer, das Traditionskabinett oder das weitläufige Übungsgelände. So besuchten zum Beispiel Delegationen aus Ungarn, der UdSSR, Afghanistan oder Nicaragua die OHS. Darüber hinaus entsandten mehrere Staaten des sozialistischen Lagers ausgewählte Militärkader in die DDR, um in Suhl zu studieren. Die geheimpolizeiliche Absicherung dieser ausländischen Militärangehörigen übernahm die UA OHS der HA I in enger Kooperation mit der BV Suhl. Diesbezüglich berichtete IM "Manfred Maurer" über einen Offiziersschüler aus der Demokratischen Republik Afghanistan. Der hatte von 1986 bis 1987 am Fremdspracheninstitut der NVA in Naumburg und von 1987 bis 1989 in Suhl studiert.

Später schätzten die Geheimpolizisten akribisch dessen private Kontakte ein. Aus sichergestellten und/oder mitgelesenen Briefsendungen der Abteilung M (Postkontrolle) der BV Suhl ging nämlich hervor: "Briefliche Verbindungen innerhalb der DDR bestehen nur kurzzeitig zu einigen Mädchen. […] Die briefliche Verbindung in seine Heimat ist regelmäßig." In diesem Zusammenhang interessierte sich das MfS vor allem für etwaige Diskussionen, Meinungen und Stimmungen im Zusammenhang mit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Afghanistan. Doch das MfS notierte auch Verstöße gegen die militärische Disziplin. So kam es am 17. Februar 1988 im "Haus der Grenztruppen" zu einer Schlägerei zwischen afghanischen Offiziersschülern und Offiziersschülern der DDR-Grenztruppen, wobei alle Beteiligten "unter Alkoholeinfluss" standen.

Vortragstätigkeit und Öffentlichkeitsarbeit des MfS

Seit 1984 führte die Abteilung IX (Untersuchungsorgan) der BV Suhl zusammen mit dem Lehrstuhl "Grenzaufklärung" und den Kommandeuren der im Bezirk Suhl stationierten drei Grenzregimenter spezifische Schulungsveranstaltungen durch. Das Thema lautete: "Das POZW [politisch-operative Zusammenwirken] zwischen den Grenztruppen der DDR und der Spezialkommission bei der Untersuchung von Vorkommnissen an der Staatsgrenze der DDR zur BRD." Die diesbezügliche Vortragstätigkeit scheint in der Folge auf große Resonanz gestoßen zu sein. Selbst einer der Stellvertreter Erich Mielkes, Gerhard Neiber, lobte die "Initiative der BV Suhl" und empfahl, dass sich die Hauptabteilung IX diesem Themenkomplex "stärker zuwenden könnte". Nachweislich fanden in der Folge mehrere derartiger Veranstaltungen statt, an denen auch die Oberoffiziere für Grenzaufklärung aus den Grenzkommandos Süd, Mitte und Nord teilnahmen.

In den Schulungsveranstaltungen erläuterte ein Offizier der ermittelnden Spezialkommission der Abteilung IX die Aufgabengebiete, in denen die ostdeutsche Geheimpolizei tätig wurde. Dabei ging es um "terroristische und andere Anschläge auf die Staatsgrenze, ungesetzliche Grenzübertritte BRD-DDR und DDR-BRD, Provokationen, die ihren Ausgangspunkt auf dem Territorium der BRD haben, Festnahmen von Personen im Handlungsraum der Grenztruppen der DDR mit und ohne Anwendung von Schusswaffen und beim Auffinden oder Feststellung sprengstoffverdächtiger Gegenstände".

In einem, in den Augen des MfS, kriminalwissenschaftlichen Grundtenor, erklärte der Referent die vielschichtigen Arten von Spuren an möglichen Ereignisorten und deren Sicherung und Auswertung. Dabei kannte die Detailversessenheit keine Grenzen. So wurde beispielsweise dargelegt, dass zur Spurensuche der Einsatz eines Wachhundes der DDR-Grenztruppen eher unzweckmäßig, der Einsatz eines darauf spezialisierten Fährtenhundes der Deutschen Volkspolizei hingegen erfolgversprechender wäre. Im Vortrag wurde zudem herausgearbeitet, dass ausschließlich das MfS Vorkommnisse an der damaligen innerdeutschen Grenze untersuchen durfte. Abschließend hielt der vortragende Geheimpolizist fest: "Ihnen obliegt bereits jetzt aber auch insbesondere nach Abschluss Ihres Studiums eine große Verantwortung zur Gewährleistung des umfassendes Schutzes unserer Staatsgrenze. Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung wünsche ich Ihnen auch im Namen aller Genossen der Bezirksverwaltung Suhl viel Erfolg."

Der Eingang zum "Haus der Grenztruppen" im heutigen Zustand. Sehr zugewachsen.

Ferner lud das MfS regelmäßig zu Veranstaltungen vor Offiziers- und Fähnrichschülern und Lehrkräften ein, um ihre Öffentlichkeitsarbeit an der Offiziershochschule in Suhl zu präsentieren. So sprach im April 1985 ein "Kundschafter" des MfS über seine Tätigkeit. In einem Fazit der HA I hieß es diesbezüglich: "Übereinstimmend brachten die Teilnehmer zum Ausdruck, dass diese Form einprägsamer war, als viele Stunden Politunterricht und wesentlich dazu beigetragen hat, die Achtung vor der Tätigkeit des MfS sowie die revolutionäre Wachsamkeit noch intensiver auszuprägen."

Etwa zwei Jahre später hielt der stellvertretende Leiter der HA I beim Kommando der Grenztruppen, Günter Nieter, einen Vortrag, der das Verhältnis von Geheimpolizei und Grenztruppen zum Inhalt hatte. Hierzu wurde eingeschätzt, dass die Offiziersschüler der Offiziershochschule "bis jetzt noch nie so konkret auf sicherheitspolitische Probleme, des ZW [Zusammenwirkens] mit dem MfS und seinen Beitrag bei der Sicherung der Staatsgrenze, […] aufmerksam gemacht worden sind".

"Im Auftrage des 1. Sekretärs der Bezirksleitung…"

Im September 1988 beauftragte die Suhler SED-Bezirksleitung ihre Geheimpolizei, Informationen zum Verhältnis von Angehörigen der Offiziershochschule (OHS) und den Bewohnern der Bezirksstadt Suhl zu sammeln. Die zusammengetragenen Erkenntnisse sollten sodann zügig an den 1. Sekretär der Bezirksleitung, Hans Albrecht, übermittelt werden. Dabei wurde durch das MfS eingangs festgehalten, dass sich das Verhältnis zwischen den Angehörigen der Offiziershochschule und der Suhler Einwohnerschaft positiv gestaltet. So sei das Auftreten der Offiziersschüler im Stadtzentrum als "korrekt" hervorzuheben. Jugendliche und Jungerwachsenen aus der damals etwa 55.000 Einwohner zählenden Bezirksstadt hätten zudem die vielfältigen Diskoveranstaltungen an der Offiziershochschule gelobt, bei denen nur Personen Einlass gewährt werde, die ordentlich auftreten und nicht stören.

Doch die Einschätzungen förderten auch kritische Punkte ans Tageslicht. So brachten Anwohner zum Ausdruck, dass einige Kinder von Angehörigen der Offiziershochschule in der Schule und in den städtischen Verkehrsmitteln unhöflich auftreten würden. Diesbezüglich zur Rede gestellt seien Äußerungen, wie "…was wollt ihr denn, mein Vater ist Oberstleutnant, der bringt das schon wieder in Ordnung", gefallen. Des Weiteren wurde durch die Geheimpolizisten erarbeitet, dass die an der Offiziershochschule bestehende Kaufhalle zu klein projektiert und spätestens um 17:00 Uhr durch die Suhler Bevölkerung stets sämtliche Wurst- und Fleischwaren aufgekauft waren.

Friedliche Revolution und Mauerfall

Ab Sommer 1989 registrierte das inoffizielle Netzwerk des MfS an der Offiziershochschule vermehrt Äußerungen zu den sich in der DDR abzeichnenden gesellschaftlichen Veränderungen. Ein Spitzel mit dem Tarnnamen IM "Peter Voß" notierte im August 1989, dass "immer wieder auf die eintönige Popularisierung unseres soz[ialistischen] Ausbaues verwiesen [wird], besonders auf das immer wieder Popularisieren unserer Erfolge, und das Übergehen von in der Gesellschaft vorhandenen Mängel und Schwächen, die auf unsere Menschen wirken".

In den darauf folgenden Wochen und Monaten wurden Angehörige der Offiziershochschule zu diversen Sicherungsmaßnahmen an die damalige Staatsgrenze zu Polen und zur CSSR abkommandiert. Ein anderer Teil befand sich in der Nähe von Berlin und wurde als "Einsatzreserve" zusammengefasst. Auch die Offiziersschüler des MfS waren darunter. Die MfS-Kader, so die Einschätzung der HA I vom 28. Oktober 1989, erfüllten ihre spezifischen Aufgaben "verantwortungsbewusst und mit hoher Disziplin." Kurze Zeit später, am 2. November 1989, schlug den Offiziersschülern im Suhler Stadtgebiet bereits Verachtung entgegen. Wie das MfS notierte, waren einige Uniformierte in einer stadtbekannten Gaststätte mit anderen Personen aneinander geraten. Dabei war es "durch eine weibliche Zivilperson zu einer Beschimpfung mit 'Kommunistenschweine' und Versuch des tätlichen Vorgehens" gekommen.

Gebäude der BStU-Außenstelle Suhl

Beunruhigt von der sich nun vollziehenden Implosion der SED und ihrer Geheimpolizei erkundigten sich die an der OHS studierenden MfS-Kader nach möglichen beruflichen Perspektiven. Der bereits erwähnte Instrukteur der Suhler Abteilung Kader/Schulung verwies in einem Gespräch auf die Möglichkeiten eines Studiums der Kriminalistik oder eine Tätigkeit bei der Zollverwaltung der DDR. Eine genaue Antwort blieb er an jenem Tag aber schuldig und veranschlagte einen neuen Termin in der Suhler BV. Doch dieser fand nie statt. Das Gespräch hätte nämlich am 4. Dezember 1989 stattfinden sollen, doch an diesem Tag zogen 3.000 couragierte Demonstranten vor die Suhler BV und belagerten diese. Etwa einem Dutzend Bürgerinnen und Bürgern wurde daraufhin der Zugang ins Objekt gewährt.

Heutiger Sitz des Suhler Stasi-Archivs

Im Zuge der Friedlichen Revolution schloss die Kaderschmiede der DDR-Grenztruppen. Am 3. August 1990 erhielten letztmalig 190 Leutnante ihre Diplome. Einige Wochen spätere wurde die circa 44.000 Mann starke DDR-Grenzschutztruppe aufgelöst. Auf dem weitläufigen Gelände entstand in den folgenden Jahren ein Gewerbepark. Seit Februar 1992 beheimatet ein ehemaliges Unterkunftsobjekt der Offiziershochschule das Suhler Stasi-Archiv.