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Verpflichtung  Ich Josef Settnik geb. am 10.03.03 in Königshütte und wohnhaft in Schlottwitz Müglitztahlsst. 45 habe bei der heutigen Befragung zu meinem verbrecherischen Handlungen während der Zeit, des Faschismuß, im Konzentrationslager Ausschwitz, erkannt, das Ich eine große Schuld auf mich geladen habe. Mir ist auch klar geworden, das ich meinen crhistischen Glauben dadurch misbraucht und gegen die Grundsätze der katholischen Kirche verstoßen habe. Um meine Schuld zum größten Teil wider gut zu machen, verpflichte ich mich, das Ministerium für Staatssicherheit in der Erfülung seiner Aufgaben, ohne Rücksicht auf meine Person, tatkräftig und entsprechend meiner Möglichkeiten, zu unterstüzen. Ich werde alle mir bekanntwerdenden Vorkommnisse und Angriffe, die sich gegen die Endwicklung unserer Republick richten, sofort schriftlich oder mündlich dem Mitarbeiter des MfS mitteilen. Besonderer Schwerpunkt der einhaltung dieser Verpflichtung, wird von mir die Berichterschtatung, über Rolle der katholischen Kirsche und die unter dem Deckmantel der

Staatssicherheit und Auschwitz

Selbstverständlich lebten auch in der DDR Menschen, die an den NS-Verbrechen in Konzentrationslagern, wie Auschwitz, beteiligt waren. Die Staatssicherheit verfügte mit den NS-Akten über ein Informationsmonopol und nutzte dieses für Ermittlungen gegen Verdächtige, aber auch als Druckmittel für die Anwerbung inoffizieller Mitarbeiter.

 

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Die Sicht der DDR auf die NS-Zeit

Die DDR bezeichnete sich in ihrer Verfassung als antifaschistischen Staat und nahm für sich in Anspruch, im Gegensatz zur damaligen Bundesrepublik mit sämtlichen Kontinuitäten der NS-Zeit gebrochen zu haben. Dabei schob die SED auch die historische Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes dem Westen zu. Nach ihrer Lesart war die Mehrzahl der moralisch und strafrechtlich für die NS-Verbrechen Verantwortlichen in den Westen geflüchtet. Generell galt die Aufarbeitung der NS-Diktatur in der DDR schon mit der "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung", wie die Errichtung des sozialistischen Staates genannt wurde, und den damit einhergehenden radikalen gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen als abgeschlossen.

Die Vergangenheitsbewältigung der Bundesrepublik entsprach in einem gewissen Grade tatsächlich dem von der DDR-Propaganda vermittelten Klischee. Tatsächlich tat sich die BRD schwer mit einer konsequenten Verfolgung der NS-Täter. Gleichzeitig gelangten hier Personen, die sich später als belastete ehemalige Funktionsträger des NS-Staates entpuppten, in den öffentlichen Dienst, insbesondere auch bei den Nachrichtendiensten, der Polizei und der Justiz. Damit lieferte West-Deutschland quasi einen "Beleg" für die ostdeutschen Behauptungen. Dies bot ein ideales Angriffsziel für die Ende der Fünfzigerjahre einsetzenden "antifaschistischen Kampagnen" der DDR. Hinzu kamen vermeintliche oder tatsächliche Skandale im Umgang mit der NS-Zeit sowie die schleppende und oft unbefriedigende Ahndung der NS-Gewaltkriminalität in der Frühzeit der Bundesrepublik.

Auf dem Schwarz-Weiß-Foto ist das Buchenwald-Mahnmal vor dem Glockenturm zu sehen. Das Denkmal besteht aus elf Bronzefiguren, die KZ-Häftlinge darstellen.

Die Aufarbeitung der Verbrechen von Auschwitz

Prof. Dr. Friedrich Karl Kaul (links) und Prof. Dr. Kuczynski vor dem Verhandlungsgebäude des Auschwitz-Prozesses

Erst ab 1958 setzten dann aber in der Bundesrepublik langsam systematische Bemühungen zur Verfolgung von NS-Verbrechen ein. Einen Meilenstein der justiziellen und öffentlichen Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Judenmord bildete das nach fünfeinhalbjährigen Ermittlungen eröffnete Hauptverfahren im 1. Auschwitz-Prozess. Ab dem 20. Dezember 1963 mussten sich vor dem Schwurgericht am Landgericht Frankfurt am Main 22 Angeklagte wegen Mordes und Beihilfe zum Mord verantworten. Zwei Verfahren wurden später wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt. Bis auf einen Funktionshäftling hatten alle Angeklagten mit SS-Dienstgraden der Nomenklatur des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz angehört.

Die DDR, die bis dato kein gleichwertiges Verfahren vorzuweisen hatte, trat als Vertreterin von Nebenklägern auf. Dies waren Menschen, die in der DDR, Polen und der Tschechoslowakei lebten und in Frankfurt von DDR-Staranwalt Friedrich Karl Kaul vertreten wurden. Gemäß einem SED-Politbüro-Beschluss sollte er dabei den Prozess in ein Tribunal gegen den IG-Farben-Konzern umfunktionieren. In der Lesart der SED war es ein Konzern, der als Vertreter des "Finanzkapitals" ein konstitutives Element des Faschismus repräsentierte. Auch wenn er nun zerschlagen und in acht Firmen aufgeteilt sei, nehme er in der Gegenwart eine herausragende Stellung in der Wirtschaft der Bundesrepublik ein. Dieser propagandistische Angriff auf die Bundesrepublik war allerdings nur von begrenztem Erfolg gekrönt.

Der gesamte Prozess ist dokumentiert in Mitschriften und Tonmitschnitten sowie der Multimedia-Seite zum Prozess.

Am Ende wurden sieben Beschuldigte wegen Mordes, zehn wegen Beihilfe zum Mord verurteilt und drei erreichten einen Freispruch. Als Strafmaß verhängte das Gericht sechs lebenslängliche Haftstrafen sowie elf Freiheitsstrafen zwischen drei ein viertel und 14 Jahren. Der Auschwitz-Prozess erreichte vor allem sein eigentliches Ziel. Auf 920 Seiten der Urteilsbegründung führte er der bundesrepublikanischen, aber auch der Weltöffentlichkeit vor Augen, was die "Endlösung der Judenfrage" in der Praxis bedeutet hatte. Es war eine vom NS-Staat akribisch geplante, arbeitsteilig organisierte und schließlich industriell durchgeführte Massentötung von Menschen.

Der Umgang mit den Tätern von Auschwitz in der DDR

Da die DDR die Täterproblematik propagandistisch gleichsam in den Westen exportiert hatte, barg jede im eigenen Lande entdeckte Person, die an den NS-Verbrechen beteiligt war, ein Risiko. Seine oder ihre öffentliche Behandlung hätte einen Glaubwürdigkeitsverlust bewirken können. Die Partei- und Staatsführung musste deshalb darauf achten, dass die strafrechtlichen Aktivitäten ihrer Justiz nicht allzu sehr in Widerspruch zu den Aussagen ihrer Kampagnen gerieten. Die Kombination aus vehement vorgetragenen Vorwürfen gegenüber der Bundesrepublik bei gleichzeitiger Zurückhaltung bei der Verfolgung von Verdächtigen im eigenen Land, bescherte dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eine Schlüsselrolle.

Es war die Staatssicherheit, die mit ihren konspirativen Mitteln und einer faktischen Monopolisierung einschlägiger NS-Akten die betreffenden Informationen unter Kontrolle halten konnte. So verschaffte sie der politischen Führung die Handhabe für die weitere Verbreitung ihrer Sichtweise und die Unterdrückung gegenteiliger Fakten.

Die DDR hatte mit ihren rechtlichen Normen zur Ahndung der NS-Verbrechenskomplexe internationales Recht übernommen, eine Verjährung dieser Delikte verneint und dies sogar in der Verfassung von 1968 verankert. Damit konnte die DDR-Justiz theoretisch weitaus einfacher und umfassender gegen NS-Täter vorgehen als die der Bundesrepublik.

 

Prozess gegen KZ-Arzt Dr. Fischer. 2. Verhandlungstag - 11.3.1966: Vor dem Obersten Gericht der DDR wurde der Angeklagte Fischer zur Sache vernommen. Er wird beschuldigt, als SS-Lagerarzt und Stellvertreter des SS-Standortarztes des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau in der Zeit von 1942 bis Januar 1945 Zehntausende von Häftlingen selektiert und zur Vernichtung durch Zyklon-B-Gase bestimmt zu haben. UBz: Der Angeklagte KZ-Arzt zeigt an einer Tafel die Krematorien des Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Rechts: der Präsident des Obersten Gerichts der DDR, Dr. Heinrich Toeplitz; links daneben: Oberrichter Fritz Mühlberger.

In der Verfolgung von NS-Tätern gab es eine klare Arbeitsteilung. Das MfS ermittelte verdeckt und prüfte die Fälle vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der politischen Zweckmäßigkeit. Überwogen die Vorteile, so wurden die Fälle vor Gericht gebracht, wo strenge Urteile die antifaschistische Rigorosität der DDR demonstrierten. Nicht zuletzt in Reaktion auf die bundesrepublikanische Strafverfolgung von Auschwitz-Verstrickten kann das Verfahren gegen den ehemaligen Lagerarzt von Auschwitz-Monowitz, Horst Fischer dafür als Musterfall gelten. Er wurde im März 1966 – parallel zum 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess –  vorm Obersten Gericht der DDR zum Tode verurteilt.

In vielen Fällen verzichtete das MfS darauf, weitere, offene Ermittlungen zu veranlassen oder mögliche Straftäter zu vernehmen. Die betreffenden Ermittlungsakten, sofern die Geheimpolizei keine anderweitige Verwendung für sie hatte, kamen in den Archiven zur Ablage und sind heute u.a. für Forschungszwecke einsehbar.

Bei Ermittlungen zu Personen, die in die Verbrechen von Auschwitz verwickelt waren, stieß das MfS zwar auf die Spuren möglicher Täterinnen und Täter. Aber wie in etlichen Fällen dokumentiert, führte das nicht zu einer Anklage.

Fall Paul Riedel: Der ehemalige SD-Informant und Mitglied der SS-Besatzung von Auschwitz

Die Staatssicherheit wurde Anfang der 1950er Jahre auf Paul Riedel, einem ehemaligen Mitglied der SS-Besatzung von Auschwitz, aufmerksam. Bei der Kontrolle seiner Post durch die Abteilung M geriet er in den Verdacht, der verbotenen Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas anzugehören. Auf Grund dessen übernahm die Abteilung V/4 (später Abteilung XX/4) der BV Karl-Marx-Stadt, zuständig für die Überwachung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, im Juni 1959 die Bearbeitung von Riedel.

Nachdem der Vorgang zu Riedel ab 1960 aus nicht bekannten Gründen für einige Jahre ruhte, erstellte das MfS 1969 einen Maßnahmeplan. Die Geheimpolizei wollte damit mehr Informationen über Riedels Tätigkeit im Konzentrationslager Auschwitz in Erfahrung bringen.

Im Jahr 1971 stellte das MfS den Vorgang mit dem Decknamen "Motor" letztlich ein, ohne dass Paul Riedel zu seiner Beteiligung an den NS-Verbrechen in Auschwitz befragt wurde.

Dokument in der Stasi-Mediathek ansehen

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Weitere Fälle zeigen, wie das MfS in Bezug auf die Verstrickung in die Verbrechen von Auschwitz die Vergangenheit von Menschen zum eigenen Vorteil nutzte. Die ins Visier geratenen Personen wurden als inoffizielle Mitarbeiter angeworben. Einige Fälle sind in der Studie „NS-Verbrecher und Staatssicherheit“ von Henry Leide dargestellt und in Unterlagen des Stasi-Unterlagen-Archivs dokumentiert.

Publikation

Publikation

Auschwitz und Staatssicherheit

Strafverfolgung, Propaganda und Geheimhaltung in der DDR

Die Studie betrachtet den Umgang der DDR mit "ihren" Auschwitz-Fällen, insbesondere ihre widersprüchliche Strafverfolgungspraxis.

Weiterführende Literatur

  • Balzer, Friedrich-Martin, Renz, Werner (Hg.): Das Urteil im Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965), Bonn 2004.
  • Herf, Jeffrey: Zweierlei Erinnerung. Die NS-Vergangenheit im geteilten Deutschland, Berlin 1997.
  • Leide, Henry: NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR. Göttingen 2005.
  • Weinke, Annette: Die Verfolgung von NS-Tätern im geteilten Deutschland. Vergangenheitsbewältigungen 1949-1969 oder: Eine deutsch-deutsche Beziehungs-geschichte im Kalten Krieg. Paderborn u.a. 2002.
  • Download:
    Umfassende Literaturliste zum Thema (PDF, 88 KB, Datei ist barrierefrei ⁄ barrierearm)